Warnehmen und eigenstaendig philosophieren

Im Laufe meiner philosophischen Forschungen stellte ich immer wieder fest – u. a. angeregt durch Rolf Reinhold  und Lektueren von Bacon und Berkeley -, dass „scholastisch“ eine zutreffende Bezeichnung fuer ein weit verbreitetes Philosophieren ist, das fuer mich in Sackgassen endet. Philosophieren hat die Funktion, mich weiter zu entwickeln. Dazu gehoert das Klaeren von Fragen, die sich im Alltag meines Lebens ergeben. Es gibt Philosophien, die mir keine derartigen Antworten ermoeglichen, die mich in eine „Sackgasse“ fuehren. In der Folge drehe ich mich denkend und handelnd im Kreis.  

In solchen Philosophien finden sich Elemente, die im Curriculum des Philosophiestudiums gelehrt und gelernt werden. Das Lernen eines zukuenftigen staatlich geprueften Philosophen besteht vor allem im Uebernehmen dessen, was in seinem Fach als „wissenschaftlicher Standard“ gilt. Es wird oft erst im Umgang mit Lehrenden deutlich, wie eng hier gefuehrt wird. Diese Standards entstanden  im 17./18. Jh. mit dem Aufkommen der „Geschichten der Philosophie“ und wurden bis heute ausufernd weiter differenziert.  Philosophie bekam damals den Charakter eines Bildungsfaches, das es bis heute ist.

Zu eigenstaendigem Philosophieren wird ein Kandidat der Philosophie anerkannt zugelassen, wenn er sich als „Meister seiner Zunft“ die ersten Examens-Sporen verdient hat. Dahinter verbirgt sich m. E. der unausgesprochene Verzicht auf eigenstaendiges Philosophieren. Oft wird das Erstellen wissenschaftlicher Arbeiten mit eigenem Philosophieren verwechselt. Da dies gewohnheitsmaeßig in allen universitaeren Ausbildungen praktiziert wird, gibt es gegen diese selbstverstaendliche sich an Autoritaeten orientierende  Ausbildung kaum Widerspruch und folglich keine Diskussionen um eine grundlegende Veraenderung der wissenschaftlichen Ausbildung. Fuer den Einzelnen liegen die negativen Folgen, als jemand bekannt zu werden, der kein „wirklicher Philosoph“ ist, allzu spuerbar in der Luft, sollte er sich dieser nicht unterziehen.    

Vor dem Hintergrund des weit verbreiteten scholastischen Philosophierens seiner Zeit, verfolgt Berkeley das Projekt seines eigenstaendigen Philosophierens, das sich am Warnehmen orientiert. Das ist keine „Zauberei“, meinte er. Es wundere ihn, nicht schon frueher darauf gekommen zu sein. (PTB § 279) Mit diesem sensualistischen Ansatz wollte er die Grundlagen des Philosophierens in der Gelehrtenrepublik der Renaissance-Zeit verankern und den Ballast der Vergangenheit loswerden (vgl. Intro IV). Wissenschaftshistorisch ist seine Zeit – spaeter auch als „Neue Zeit“ charakterisiert –  fuer solche Ideen geeignet.  Dass die von ihm formulierten Grundlagen Perzipieren immer noch unbekannt sind, schreibt er den Prinzipien des Philosophierens zu, v. a. dem wie sie gelehrt und gelernt werden.

Sein Studium ermoeglichte ihm die Beschaeftigung mit Philosophen, die sich vom scholastischen Denken entfernt hatten. Diese duerfte ihn unterstuetzt haben, seiner Neigung zu eigenstaendigem Denken zu folgen und sich auf seine Augen und sein Denken zu verlassen, als den Theorien von Autoritaeten zu glauben. Seine Arbeit „Ueber eine neue Theorie des Sehens“ (Dublin 1709) ist ein beredtes Beispiel dafuer. Sie gilt zwei Jahrhunderte lang. J. St. Mill  bezeichnete sie als eine der am wenigstens umstrittenen Theorien in der Wissenschaft vom Menschen und viele andere würdigen sie zustimmend (Vgl. Arend Kulenkampff: George Berkeley. S.46.) .

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